Bruno Murer / Claudia Kübler. von augäpfeln und löchern

23.02.-24.03.2013

Bruno Murer und Claudia Kübler beschäftigen sich auf je unterschiedliche Weise mit der Frage nach dem Sicht- und Unsichtbaren, bzw. ihrer möglichen Darstellbarkeit. Claudia Kübler, die ihr Studium erst im Sommer 2012 mit dem Master of Arts and Public Spheres an der HSLU abgeschlossen hat, versucht das paradoxe Phänomen Loch meist naturgetreu und in zahlreichen, beharrlichen Strichen aufs Papier zu bringen. Bruno Murer, dessen künstlerische Tätigkeit in den 1980er-Jahren beginnt, verleiht seinem Gegenüber - sei es Architektur, Tier- oder Pflanzenwelt - einen körperlichen und expressiven Ausdruck.

„Sehkörper“ verwendet Bruno Murer als Titel für viele seiner Bilder. Der Begriff verweist auf die Art und Weise wie der Künstler die von ihm wahrgenommene Welt darstellt. Statt einer perspektivischen Wiedergabe entscheidet er sich für einen emotional-körperlichen Ausdruck.

Augen, Gelenkstellen und Körperextremitäten bilden die Koordinaten, sind Verortung, Momente der Berührung oder mögliche Fixpunkte beim Einstieg in das Bild. Was ist das Sehen vor dem Erkennen, wie das Sehen beim Tier? Fragen, die Bruno Murer immer wieder herausfordern. Die Körperlichkeit der künstlerischen Auseinandersetzung zeigt sich auch in dem gestischen und satten Auftrag der Farben sowie in dem kräftigen und entschiedenen Strich seiner Zeichnungen. Bei den Monotypien – eine neue Serie „Tierverborgenes Sehen“ wird im Benzeholz gezeigt – steht die Glasplatte als Bindeglied zwischen Maler und Papier. Durch den Abdruck erhält der Pinselduktus etwas Linienartiges, es entstehen eigenwillige Spuren, zwischen den Farbflächen bleiben Leerstellen, weshalb Bruno Murer die Monotypien zwischen Zeichnung und Malerei angesiedelt sieht.

Claudia Kübler beschäftigt sich in verschiedenen Medien (Zeichnung, Malerei, Aktion, Text) mit der Thematik des Lochs, dem Fehlenden und seiner Darstellbarkeit. In akribischer Exaktheit, perspektivisch genau, in feinen Linien und Schraffuren zeichnet sie Loch um Loch. Auf diese komplex dargestellten Löcher von Bohrungen, Erdöffnungen oder Körperorganen treffen reduzierte, grob ausgemalte, einfache Löcher, die gleichzeitig auch Körper sein könnten und so zwischen Loch und Kugel, Nichts und Ganzheit oszillieren. Das Loch scheint eine simple Begebenheit zu sein und zugleich stellt uns die Künstlerin die Vielfalt dieser Erscheinung vor. Bei der Auseinandersetzung mit dem Loch geht es der Künstlerin einerseits darum, dem Fehlen eine Form zu geben. Andererseits ist das dunkle, gezeichnete Loch ein Paradox von Dichte und Leere: obwohl das Loch Nichts bedeutet und Leerraum ist, weist es am meisten Farbe, die dichteste Pigmentierung auf. Die Nichtigkeit dieser Beschäftigung, das Bemühen um ein Loch, passt zu ihrem Credo „Vergeblichkeit und Trotz“, dem Manifest, das sie während ihrem Diplom 2012 geschrieben hat.

Text: Annamira Jochim
Bilder: Ralph Kühne