auf St. Charles Hall in drei Akten: Ouverture, Corpus, Epilog
27.10.2018-26.5.2019
Christian Kathriner (*1974 in Sarnen, lebt in Luzern) wechselt als Bildender Künstler traumwandlerisch zwischen verschiedenen Genres, erforscht historische Begebenheiten und erweckt diese zu neuem Sinn. Auf Einladung vom Benzeholz Raum für zeitgenössische Kunst Meggen hat sich der Künstler deshalb die nahegelegene St. Charles Hall als Inspirations- und Austragungsort ausgewählt. Das historische Anwesen und seine faszinierende hausinterne Sammlung wird mit eigens dafür konzipierten Kunstwerken in einen Dialog über die Zeiten hinweggesetzt.
Die vielseitigen Sammlungsgegenstände vom Mobiliar über das Porzellan, die Tapisserien bis hin zu Bildern und Skulpturen bilden den Ausgangspunkt für die neue Werkserie «Corpus» von Christian Kathriner. Seine Werke greifen in die Geschichte des Hauses ein, während die Räume und ihre Interieurs durch die Werke zum Sprechen gebracht werden und eine Neuorientierung erfahren. Durch die produktive Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, entstehen herausfordernde innovative Ideen für die Zukunft.
In mehreren Schritten nähert sich das Projekt dem Landgut: im Herbst 2018 werden drei Werke im Aussenraum enthüllt, gefolgt im März 2019 von einer Inszenierung im Foyer, bis schliesslich im April «Corpus» in der Villa eröffnet wird.
In der klassischen Rückenansicht samt aufwendigem Faltenwurf scheint die Skulptur wie ein traditionelles überlebensgrosses Denkmal auf einer italienischen Piazza oder gar wie eine gewichtige Reformatorenfigur nördlich der Alpen. Doch beim Umschreiten der Figur entpuppt sich das Ganze als Illusion und desolate Bricollage. Das Werk ist eine Anspielung auf Marcel Duchamps (1887-1968) letztes Werk „Etant donné“ (1946-66), und dessen begleitendes „Manuel d’instructions“, welches die eben erst geschaffene Illusion wieder willentlich zerstört.
Anstelle eines auf dem Kieshof der Villa vorhandenen Schachtdeckels platziert verweist das Werk in seiner aus der Mitte herauskreisenden Struktur auf die Wasserstrudel-Studien von Leonardo da Vinci (1452–1519). Die Spiralform beim Verschwinden des Wassers im Untergrund wird hier angedeutet und verweist zugleich auf die Frage nach der Darstellbarkeit von Bewegung. Diese Thematik wird in Anlehnung an Werke von Marcel Duchamp und Umberto Boccioni in der Ausstellung im Innenraum weiter vertieft.
Diese beinahe unsichtbare Intervention über dem Portal der St. Charles Hall weist auf zeitliche Ablagerungen hin, seien es symbolhafte Zeichnungen wie Wappen oder gar witterungsbedingte Spuren.
Text: Annamira Jochim