Kokosnüsse, Farbdeckel, Korken, Korallen und Kartonverpackungen liegen dicht an dicht wie Schätze auf einem grellen, gelbfarbigen Satinstoff einer Tischoberfläche. Die Materialien sind Nebenprodukte, Abfälle und Naturobjekte, die dem Künstler Claude Sandoz (*1946) in seinem Alltag begegnen und die er auf seinen Spaziergängen auf St. Lucia, einer karibischen Insel, sammelt. Im Atelier entfremdet er das Gefundene und malt es an. Die Farben Emeraldgrün, Gelb, Schwarz und Weiss finden sich in vielen architektonischen Elementen auf St. Lucia. Durch die durchgehende Farbgebung wird aus der Vielheit eine Einheit. Mit den Objekten schafft Sandoz eine Auslegeordnung. Farbdeckel reihen sich zu Ornamenten, geometrische Formen vermischen sich mit organischen und Fragmente werden zu figurativen Objekten mit Gesichtern. Indem Sandoz jedem Objekt seinen Platz im komponierten Ganzen gibt, erhält es seinen Wert. Die Auslegeordnung erinnert dabei an einen Altar oder an historische, ethnologische Museen. Sie vermittelt aber nicht Information oder Wissen, sondern individuelle Erlebnisse und Eindrücke.
Claude Sandoz lässt sich in seinen Werken vom Fremden und Exotischen inspirieren. Andere Kulturen und Reisen in ferne Länder, unter anderem nach St. Lucia, prägen seine künstlerische Auseinandersetzung. In den letzten Jahren hat sich Sandoz die Technik der Assemblage angeeignet. Inspiriert vom Sampling in der Musik versteht er die Assemblage als eine Neuverarbeitung von Fragmenten. In einem stetigen Prozess löst er Teile aus dem Ganzen, entfremdet und setzt sie zu etwas Neuem zusammen. Durch die Serie, das Nebeneinander und die Verdichtung werden aus den Einzelteilen grössere Zusammenhänge.
Im Obergeschoss zeigt Sandoz die neue dreiteilige Assemblage «The Sun Fan» in seiner farbintensiven, lebendigen Zeichensprache. Hier werden die Objekte wie Ventilatoren und Haargummis als Bild arrangiert.
Bunt angemalte Elemente von Ventilatoren und deren Gitter werden ironischer Weise zu kreisförmigen Sonnen, vor deren Hitze sie schützen. Das Gestirn – Sonne, Mond und Sterne – spielt, wie in den anderen Werken imRaum zu sehen ist, schon länger eine wichtige Rolle. Der Zyklus als Kreislauf regelmässig wiederkehrender Dinge und Ereignisse findet sich nicht nur in seiner Bildsprache, sondern auch in seiner Arbeitsweise wider. Meist arbeitet Sandoz in Serien und verwendet dieselben Elemente in anderen Zusammenhängen.
Gitterstrukturen sind ein wichtiges Merkmal im Werk von Sandoz. Sie entstehen einerseits durch das Überlagern von Materialien und erlauben durch die Öffnungen Durchblicke. Anderseits sind sie Mittel zur Ordnung und Komposition und bilden einen Rhythmus. Oft werden im Bildganzen durch das Raster kleine figurative Bilder vom Abstrakten getrennt.
«The Island» im Dachstock lockt zum Abschluss mit fremdartigen Geräuschen in die Nacht der Karibik. Die reduzierte Lichtstimmung bildet einen Gegenpol zum Tag und den leuchtenden Farben. Im Widerhall des Tageslichtes entsteht eine mythische Stimmung. Der elektronische Sound durchbricht die beschauliche Ruhe, die Naturidylle der Insel trifft auf die pulsierende Kraft der Musik.
Text: Belinda Kernen
Bilder: Ralph Kühne