Das Erzählen von Bildergeschichten, bei denen man nicht weiss wie sie beginnen und wie sie enden werden, verbindet das künstlerische Schaffen von Randy Tischler und Gàbor Fekete.
In der Ausstellung «Paradiso Cracks» beginnt eine spannende Reise mit den Kameras der Künstler und den eigenen Schuhsohlen. Mit dem Medium der Fotografie fangen beide Künstler verschiedene Alltagsszenen und Kuriositäten unserer kleinen Welt ein. Dadurch, dass sie sich bewusst der digitalen als auch der analogen Fotografie bedienen, spielen sie mit dem Faktor Zeit. Die Schwarzweiss-Aufnahmen suggerieren unweigerlich eine Zeitlosigkeit. Man weiss nicht, wann und wo sich die abgelichteten Situationen abspielen. Während Gàbor Fekete durch die Welt flaniert und mit sorgfältigem Blick die durch den Zufall gegebenen Szenen ablichtet, arbeitet Randy Tischler bewusst an bestimmten Themen, für die er Menschen und Orte sucht und somit einen Raum zwischen Dokumentation und Fiktion kreiert.
Der Illustrator und Fotograf Gàbor Fekete (*1954) ist ungarischer Herkunft und lebt in Luzern. Ob mittels Kamera oder mit Tusche und Filzstift hält er politische oder alltägliche Absurditäten in Bild und Text fest. Gàbor Fekete sucht keine Bilder, sondern er findet sie. Es sind Bildergeschichten, die aus dem Zusammenspiel von Personen und Umgebung entstehen, die beim genauen Hinschauen, atypische Konstellationen aufweisen. Als unsichtbarer Protagonist geht er in seinen Heimatländern, in der Schweiz und in Ungarn auf Spurensuche. Dem Zufall überlassen, aber doch mit bewusstem Blick auf die Welt und seine Mitbürger, entdeckt er rätselhafte Gegebenheiten. Neben den ausgewählten Fotografien wird Gàbor Fekete im Benzeholz ein Atelier eröffnen, in dem er Schuhsohlen mit Illustrationen bemalt, die dann in die Welt hinausgetragen werden können.
Randy Tischler (*1973, in Emmenbrücke aufgewachsen, lebt in Zürich) verwandelt in seinen Fotografien und Reportagen Alltägliches in Sinnbildliches. Beispielsweise präsentiert eine dunkelhäutige junge Frau in einem hell-blauen Raum einen Traubenzweig, auf einem anderen Bild posiert die gleiche Frau mit jungem Mann und Cocacola-Flasche vor rosarotem Hintergrund. Geht es nun um diese Menschen oder die Dinge oder deren Beziehung zueinander? Themen wie Migration, Konsum oder Kapitalismus werden darin angedeutet, bleiben aber in der Schwebe. Wir erfahren nicht, wo und in welchem Kontext die Bilder entstanden sind, sie entziehen uns den Boden, lassen uns mit unseren Vorurteilen zurück bzw. wecken unseren Blick und machen neugierig. Randy Tischlers Fotografien deuten etwas an, aber decken nie auf. Verschiedene, unvereinbare, teilweise provozierende Welten werden in ein Bild gebracht, ohne diese zu werten. Im Benzeholz bewegt sich der Besucher zwischen Tapete und Spray, Sofa und Coke-Automat an einem Un-Ort, der zwischen behaglich und unwohl changiert.
Text: Sabrina Negroni
Bilder: Randy Tischler