Der Bildhauer Uwe Karlsen (*1954 in Essen, lebt in Meggen) kann auf 20 Jahre plastische Tätigkeit zurückblicken. Im Benzeholz zeigt er ein breites Spektrum seines aktuellen Schaffens.
Uwe Karlsen arbeitet mit Materialien wie Keramik, Porzellan, Bronze und Stahl. Ausgehend von deren Eigenschaften und zunächst rational geformten Objekten erforscht er die Möglichkeiten der Verformung bzw. der Transformation. Vielfach entzieht er sich an einem bestimmten Punkt gezielt der Kontrolle der subjektiven Formgebung und lässt Gesetze der Schwerkraft für sich wirken. An verschiedenen Orten, in seinem Atelier in Meggen, in der Keramikwerkstatt von Niels Dietrich in Köln, in Kunstgiessereien in Basel und Düsseldorf, oder in Steinbrüchen, lässt der Künstler bereits geformtes Material in aufwendigen Versuchsanordnungen zum Beispiel aufeinanderprallen, sich formen und falten, bis es seine gültige Form gefunden hat. Der herkömmliche Formbegriff wird zugunsten dem der „Erformung“ – eines sich aus dem Material und den physikalischen Gesetzen heraus bildenden Körpers – abgelegt. Nicht von ungefähr hat der Künstler eine wichtige Figurengruppe nach dem Bergmassiv „Monte Rosa“ benannt, welches in seiner natürlichen Faltung und der Überlagerung der Schichten vor vielen Tausend Jahren eine Parallele zu seinem Werk darstellt.
Die Behandlung der Oberflächen verleiht den plastischen Werken eine weitere Schicht: Die rohe Struktur der Keramik tritt neben die glatte, teilweise farbige Glasur, die patinierte Bronze neben die glatte, geradezu golden wirkende Politur. Die Gegensätze von Abstrakt und Figürlich oder auch von roher, geradezu archaischer Erscheinung und hochwertigem Steinzeug oder industriell gefertigtem Stahl werden in weiteren, im Benzeholz ausgestellten Werkgruppen deutlich. Ineinander verkeilte oder gefaltete Hüllen menschlicher Behausung wirken bekannt und fremd zugleich. Was hat es mit der Behausung auf sich? Oder geht es viel eher um eine abstrakte Form? Das Ineinander von Innen und Aussen eröffnet neue Möglichkeiten des plastischen Volumens, Positiv und Negativ sind auf besondere Weise austariert. Demgegenüber wirken die mit wenigen Handgriffen geformten „Erdklumpen“ ergreifend nahe und fern zugleich. Wie aus alten Zeiten treten uns totenkopfähnliche oder maskenartige Gesichter entgegen, die im nächsten Moment wieder ins Amorphe zurückkippen. Das Spiel mit der Zeit greift der Künstler in den Titeln dieser Werkgruppen auf: „Neulich erst“, „Von Erde zu Erde“ oder „Zurück nach vorn“.
Neben den plastischen Arbeiten zeigt Uwe Karlsen neu auch fotografische Werke, die durch den unüblichen Umgang „mit dem Sehen“ das Figürliche und Plastische als festgelegte Form nochmals auf einer weiteren Wahrnehmungsebene befragen.
Text: Annamira Jochim
Bilder siehe PDF